Wie gestalten Organisationen ihre Kultur und warum überhaupt? Die Studie von Great Place to Work, der psychonomics AG sowie dem Bundesamt für Arbeit und Soziales zeigt die Relation zwischen wirtschaftlichem Erfolg und einer mitarbeiterzentrierten Unternehmenskultur. Unternehmenskultur hat dabei maßgeblichen Einfluss auf viele verschiedene Aspekte des Erfolgs eines Unternehmens. Für immer mehr Unternehmen wird es deshalb notwendig gezielt auf die Kultur Einfluss zu nehmen. Gründe können hier die Unzufriedenheit der Mitarbeiter, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter, schlechte Arbeitsergebnisse oder hoher Krankenstand sein.
Aber wie sollen die notwendigen Veränderungsprozesse angestoßen werden? Welche Strukturen sind dafür notwendig und welche Hindernisse sind zu bedenken? Bereits die angesprochene Studie identifiziert in ihrem Fazit als Aufgabenfeld geeignete Konzepte zu entwickeln und zu analysieren. In diesem Beitrag möchte ich nun meine Idee des „Kultur-Teams“ als Konzept in diese Diskussion einbringen.
Das Kultur-Team
Wie wir bereits gelesen habe, ist die Unternehmenskultur Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg. Als Unternehmenskultur bezeichne ich alle Maßnahmen, welche sich um die tägliche Zusammenarbeit und Kommunikation der Menschen im Firmenumfeld drehen. Zum Beispiel gehört eine offene Feedbackkultur genauso zur Kultur, wie der Obstkorb in der Küche oder das festlich geschmückte Büro an Weihnachten. Kultur, Atmosphäre oder Klima sind hier Synonyme, welche für mich das Selbe meinen.
In den meisten Unternehmen entsteht die Firmenkultur irgendwie von selber. Es gibt Menschen, die prägen ihr Arbeitsumfeld mal mehr mal weniger. Je größer eine bestimmte Altergruppe vertreten ist, desto häufiger findet man auch Dinge, die eben diese Altersgruppe besonders schätzt. Doch meist gibt es in den Betrieben noch viel Luft nach „oben“.
Das Kultur-Team ist eine Gruppen von Führungskräften, welche sich regelmässig dafür einsetzen, die Kultur des Unternehmens zu verändern und zu bereichern. Sie recherchieren und diskutieren interne wie externe Ideen und Vorschläge zur Verbesserung der Unternehmenskultur und agieren als Stellvertreter der ihnen unterstellten Mitarbeiter.
Top Down v. Bottom Up
Es gibt zwei Wege mit denen die Kultur einer Organisation gezielt gesteuert werden kann. Einerseits über den Top-Down Ansatz. Hier entscheiden die Geschäftsführer, welche Kultur im Unternehmen gelebt werden soll. Sie haben dabei ein bestimmtes Bild ihrer Mitarbeiter und deren Verhalten vor Augen. Hier sind Konflikte vorprogrammiert. Außerdem stellt es sich oft als schwer heraus, diese Vision auch auf die Belegschaft anzuwenden.
Die zweite Möglichkeit ist der Bottom-Up Ansatz. Bei diesem entscheiden die Mitarbeiter selber über die Unternehmenskultur und gestalten aktiv Maßnahmen. Die Crux liegt allerdings darin, dass für diese aktive Mitgestaltung eigentlich bereits eine entsprechende Unternehmenskultur vorhanden sein muss. Wenn diese aber noch nicht existiert, funktioniert der Bottom-Up Ansatz nicht.
Das Konzept „Kultur-Team“ setzt nun genau dort an. Es werden dazu Strukturen beider genannter Ansätze miteinander vermischt. Eine entscheidende Rolle spielen natürlich die Führungskräfte der mittleren Ebene. Diese dienen als Katalysator für organisatorische Veränderungen. Die Geschäftsführung hat dennoch jederzeit die Kontrolle über Veränderungen und kann aktiv entscheiden. Die Maßnahmen kommen hingegen von den Mitarbeitern und werden zusammen mit ihren Führungskräften aktiv gestaltet und umgesetzt.
Damit das funktioniert, braucht es allerdings ein paar simple Regeln, welche den Prozess des angestrebten Kulturwandels in die richtige Richtung leiten.
Teilnehmerkreis
Das Kultur-Team setzt sich aus Team- bzw. Abteilungsleitern zusammen, welche sich alle 4 Wochen treffen und gemeinsam in einem einstündigen Termin über das Thema Unternehmenskultur reden. Die Meetings werden dabei moderiert, protokolliert und sind klar ergebnisorientiert.
Vorgehensweise
Das Kultur-Team folgt in seinen Meetings dem iterativen Ansatz und beginnt bei der Evaluierung der Unternehmenskultur bei Null. Da der Soll-Zustand nicht vorgegeben wird oder darf, hängt dieser stark von den Führungskräften und ihrem Gefühl für ihre Mitarbeiter ab.
- Am Anfang steht die Verabschiedung der Definition des Begriffs „Unternehmenskultur“. So verständigen sich alle Teilnehmer auf den gleich begrifflichen Raum.
- Als nächster Schritt werden die aktuellen Maßnahmen anhand dieser Definition gesammelt und auf ihre Wirkung beurteilt. Wichtig ist, dass bereits diese Schritte nicht alleine durch die Führungskräfte vorgenommen werden, sondern immer in Absprache mit den Mitarbeitern. Die Zeitfenster von 4 Wochen erlaubt es allen Führungskräften sich aktiv mit ihren Mitarbeitern dazu abzustimmen.
- Nachdem der Ist-Zustand dokumentiert wurde, beginnt die Gruppe den Diskurs über den Soll-Zustand. Auch hier werden wieder aktiv die Gespräche mit den Mitarbeitern gesucht. Es wird alles dabei gesammelt. Große Visionen, genau wie konkrete Maßnahmen oder kleine Veränderungen.
- Jetzt führt der Weg in die andere Richtung. Aus konkreten Wünschen und Maßnahmen, wird eine Soll-Vision für die Unternehmenskultur generiert. Diese Vision dient als Blaupause für die Evaluierung neuer Ideen im Umfeld des Betriebsklimas.
- Schritt 1-4 sind bisher nur vorbereitend. Ab Schritt 5 beginnt erst die eigentliche Arbeit des Kultur-Teams. Mit der zuvor angelegten Dokumentation ist es in der Lage Ideen aus der Außenwelt des Unternehmens kritisch zu betrachten und auf ihre Wirksamkeit innerhalb der Organisation zu bewerten. Auch hier ist die Führungskraft letztendlich nur ein Vertreter seiner Mitarbeiter.
- Die zu beurteilenden Ideen werden durch die Moderation dem Kultur-Team vor dem nächsten Meeting mitgeteilt. Jeder Teilnehmer hat die Aufgabe sich mit dieser Idee vertraut zu machen und zusammen mit seinen Mitarbeitern zu prüfen.
- Sofern die Idee positiv aufgenommen wird. Wird durch die Moderation eine Entscheidungsvorlage erzeugt und der Geschäftsführung vorgelegt. Diese Entscheidungsvorlage stellt Vor-, und Nachteile sowie potenzielle Kosten, Einsparpotenziale sowie Risiken und Chancen dar und sollte nicht länger als eine Seite sein.
Hier das ganze nochmal in der Prozessdarstellung.
Regeln als Triebfeder
Damit Entscheidungen nicht in der Geschäftsführung liegen bleiben oder blockiert werden, greifen drei einfache Regeln.
- Entscheidungsvorlagen dürfen nach Ablehnung bis zu dreimal überarbeitet und erneut eingereicht werden.
- Das Kultur-Team darf selbstständig eine Entscheidung treffen, wenn die Entscheidungsvorlage nach der dritten Erinnerung in der dritten Woche unbeantwortet bleibt.
- Ob eine Idee zur Unternehmenskultur überhaupt in eine Entscheidungsvorlage umgesetzt wird, entscheidet sich, wenn keine konkreten Einwände durch das Kultur-Team gefunden werden.
Fazit
Eines der Ziele des Kultur-Team kann es sein, Strukturen zu etablieren, welche die eigentliche Notwendigkeit des Kultur-Team obsolet machen. Mitarbeiterorientierte Unternehmenskutur würde hier also ein hohes Maß an Eigenverantwortung bedeuten. Das kann aber von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Das Kultur-Team ist in jedem Fall ein Katalysator, der den Wandel im Unternehmen beschleunigt.
Die Triebfeder sind einfache Vereinbarungen und Regeln, mit denen sich ein System etablieren lässt, welches in alten Strukturen beheimatet ist und diese gleichzeitig nutzt um neue Strukturen hervorzubringen. In der heutigen DIY Welt, könnte man also auch von einem Hack sprechen. Das Kultur-Team setzt Veränderungsprozesse in Gang, erzeugt dabei aber möglichst wenig Reibung. Die gesparte Reibung führt wiederum zu einer risikoärmeren Umsetzung und somit niedrigeren Kosten.
Das Kultur-Team nutzt dafür eine Mischung aus Top-Down und Bottom-Up Ansatz und setzt ein hohes Maß an Verantwortung und Vertrauen gegenüber den Führungskräften voraus. Bis das Kultur-Team erste Entscheidungsvorlagen einreichen kann, vergehen sicher einige Wochen. Danach allerdings stellt jede neue Vorlage einen signifikanten Zugewinn dar. Ein Punkt, welcher hier sicher noch diskutiert werden muss, ist die Art und Weise, wie positiv entschiedene Vorlagen schlussendlich umgesetzt werden. Außerdem wird bei der Betrachtung der Entscheidungsvorlagen bewußt, wie gut durchdacht und klar analysiert neue Impulse sein müssen, um in einer Entscheidungsvorlage hinreichend beschrieben werden zu können.