Was ist Agilität? Puh, fragen Sie mich bitte etwas Leichteres! Bisher war ich der Meinung, dass Agilität die Freiheit von Angst in der Organisation bedeutet mit all ihren Begleiterscheinungen. In letzter Zeit habe ich aber das Gefühl damit noch nicht am Boden der Erkenntnis angekommen zu sein. Ich habe das Gefühl, dass es unter mir noch eine weitere Etage in die Tiefe geht. Ich breche also durch den Boden und schlage auf.
Kommunikation! Das Zauberwort lautet Kommunikation. Wir kommunizieren ständig, verbal & nonverbal. Selbst geknebelt auf einem Stuhl sitzend, kommunizieren wir. Kommunikation ist das Medium, welches Gesellschaft und Kultur erst entstehen lässt. Eine Organisation wäre ohne Kommunikation nicht existent. Deswegen lässt mich das gerne verwendete Argument in Krisenzeiten, „Wir müssen einfach mehr miteinander reden!“ auch tiefrot anlaufen. Schließlich ist es weniger die Frage ob wir etwas sagen, sondern wie!
Über Kommunikation entstehen Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Seltsamerweise machen sich aber die meisten Unternehmen relativ wenig über die Art wie sie untereinander kommunizieren Gedanken. Womöglich liegt hier also einer der Erfolgsfaktoren der erfolgreiche agile Unternehmen von anderen unterscheiden. Aber wie muss Kommunikation in der Organisation beschaffen sein?
Auch wenn ich persönlich Dualismus unvorteilhaft finde, könnte man agile Kommunikation bidirektional beschreiben. Entweder lässt sie neue Verbindungen und Beziehungen in Kultur (auch. Unternehmenskultur) und Gesellschaft entstehen oder sie bricht diese ab. Zum Beispiel wenn ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter umgangssprachlich „zur Sau“ macht (auch ohne das dieser in der Nähe ist). Wenn man nur genau genug hinhört, hört man die Verbindungen zur Gemeinschaft weg brechen. Ich gebe zu, das klingt etwas spirituell.
Außerdem ist die Art unserer Sprache für Kommunikation entscheidend. In meinem Blog habe ich bereits über Polemik geschrieben und wie sie jede Wertschätzung im Keim erstickt. Ironie und Sarkasmus können zwar großen Spaß machen und entlasten einen scheinbar von einer ganzheitlichen Verantwortung. Doch tut man damit immer irgendwie jemandem unrecht. Es gibt in unserer Sprache so viele statische Konstrukte mit denen wir viel sprechen aber wenig sagen. Zum Beispiel das Wort „sollte“ in „Das sollte dringend geändert werden.“. Ja wirklich, sollte es das? Warum tust du es nicht?
Weiter ist die Art wie wir Dinge sagen entscheidend. Oft vermischen wir das tatsächlich geschehene mit unseren Gefühlen. Hinzukommen vergangene Erfahrungen und antizipierte Zukunft. Wir denken in Schubladen. Schwelgen in der Vergangenheit statt im hier und jetzt zu leben.
Wenn es eine Organisation vermag ihre Kommunikation so zu regeln, dass sie Verbindungen und Beziehungen mehrt. Ihren Sprachgebrauch reguliert und reflektiert anwendet und dann auch noch klar im hier und jetzt ohne sich selber zu beeinflussen, kommuniziert, ist die Freiheit von Angst nur noch eine logische Folge.
Ich wäre wirklich froh, wenn diese Gedanken alle von mir stammen würden. Aber was ich hier wahrscheinlich reichlich unvollständig wiedergeben habe, stammt im Original von Marshall B. Rosenberg. Dieser hat mit seinem Buch zur gewaltfreien Kommunikation für mich den Grundstein für jede agile Organisation gelegt. Allerdings ohne es auch so zu nennen.
Rosenberg ist ein relativ erfolgreicher Mediator aus den USA und Vorreiter mit seinem Modell der gewaltfreien Kommunikation.
Mit dieser entstand gleichzeitig ein Gegenentwurf zur oft beschriebenen Veränderungsbereitschaft die angeblich Agilität ausmacht. Auch diese Bereitschaft zur Veränderung ist meiner Meinung nach nur eine Folge von gewaltfreier Kommunikation. Im Umkehrschluss haben also agil agierende Unternehmen intuitiv einen Weg gefunden, Ihre Kommunikation entsprechend anzupassen.
Gleichzeitig liegt hier eines der ersten Optimierungspotenziale für schon ohnehin erfolgreiche Unternehmen. Denn wenn die Kommunikation quasi zufällig in agile Bahnen geleitet wurde, ist diese Transformation sicher noch nicht vollständig abgeschlossen. Natürlich ist die Begrifflichkeit „zufällig“ hier gänzlich falsch. Schließlich war sicher ein bestimmter Schlag von reflektierten Menschen dafür notwendig. Eben diese Reflektion macht gewaltfreie Kommunikation zum Start und Ziel-Punkt für agiles Arbeiten.