Stellen Sie sich vor, Sie schreiben auf einer A4 Seite Ihren Namen und all die interessanten Dinge, die es über Sie zu wissen gibt. Anschließend heften Sie dieses Blatt in einem Ordner ab und stellen ihn zurück in ein Regal. Herzlich Willkommen in der Welt der Talentpools.
Talentpools und Lebenslauf Datenbanken sind bevorzugte Mittel für Active Sourcing. Das heißt wenn Unternehmen selber auf die Suche nach passenden Kandidaten gehen. Nach aktuellen Studien (ua. Recruiting Trends 2016 ) sind das bereits mehr 7.1 Prozent aller Vakanzen, die ausschließlich über Active Sourcing bedient werden. Bei knapp 35 Prozent wird zumindest zusätzlich darauf zurückgegriffen. Talentpools und Lebenslauf Datenbanken werden damit in den nächsten Jahren immer mehr Relevanz erhalten.
In diesem Artikel möchte ich zeigen welche Probleme ich bei heutigen Talentpools und Lebenslauf Datenbanken sehe und was sich dagegen tun lässt.
Problem 1: Aktualität
Nach meiner Ausbildung habe ich auf Stepstone.de einen Lebenslauf angelegt. Anschließend habe ich diesen Lebenslauf schlicht vergessen. Noch heute erhalte ich basierend darauf Vorschläge. Dumm nur, dass ich danach noch studiert und schon das eine oder andere Jahr an Berufserfahrung dazu gewonnen habe. Kann ich die Energie aufbringen, den Lebenslauf zu löschen oder zu aktualisieren? Nein.
An diesem Beispiel wird das Problem der Aktualität der Daten ziemlich gut sichtbar und das aus mehreren Perspektiven. Einerseits hatte ich aufgrund fehlender Rückmeldungen und Ergebnisse kein Interesse daran mein Profil in der Lebenslaufdatenbank zu pflegen. Andererseits fehlte mir als Nutzer der Anreiz auch ohne Ergebnisse die Lebenslaufdatenbank aktuell zu halten. Unabhängig von der Aktualität greifen Headhunter trotzdem noch immer auf diese Daten zurück.
Problem 2: Vollständigkeit
Das Beispiel vom Blatt im Ordner hinkt. Schließlich hat man auf einer solchen Din A4 Seite ziemlich viel Platz. Man könnte so einiges über sich schreiben. Doch das würde niemand lesen. Darum geht es aber bei der Talentauswahl nicht. Es geht um Vergleichbarkeit und die Eingrenzung auf bestimmte Suchkriterien. Da ist ein Datensatz mit unstrukturierten Informationen unpraktisch.
Vergleichbarkeit lässt sich über quantitative Kriterien ableiten sowie die Verwendung von Buzzwords. Alles was auch klassische Lebensläufe enthalten, ist von Interesse solange es die Zugehörigkeit zu einem bestimmten berufsrelevanten Thema darstellt und eine Linie erkennen lässt. Dafür ist es aber notwendig alle Informationen auch zu erfassen, die in diese Richtung gehen. Wenn das Profil nicht alle Informationen enthält, ist dem Suchergebnis nicht mehr vollständig zu trauen. Eine Talentpool Datenbank mit unvollständigen Datensätzen ist somit zu großen Teilen unbrauchbar.
Problem 3: Informationsinhalte
Vielleicht wissen Sie wie lange jemand wo arbeitete und welche Schulbildung er genossen hat, doch wissen Sie wie dieser Mensch Projekte und Vorhaben umsetzt? Vielleicht sind Sie beeindruckt von den vielen Master-Abschlüssen, den Auslandsaufenthalten und Praktika in großen Unternehmen. Welche Grundhaltung die Person gegenüber der Arbeit hat, können Sie allerdings nur vermuten. Ein Indikator für Umsetzungskompetenzen beispielsweise fehlt eigentlich allen Talentpools.
Zusammenfassung Probleme
Wir haben festgestellt, Talentpools haben drei Probleme. Ihre Daten sind meist nicht aktuell, oftmals fehlt es ihnen an Vollständigkeit und die Inhalte sind auf harte Faktoren begrenzt, sagen aber wenig über die eigentlichen Qualitäten eines Mitarbeiters und Bewerbers aus.
Lösung 1: Mehrwerte bieten
Ich würde einen Talentpool nutzen, wenn er mir auch in Zeiten in denen ich nicht auf der Suche nach einem neuen Job bin Mehrwerte bietet. Eine gute Möglichkeit ist zum Beispiel eine Art Gehaltsvergleich. Staufenbiel bietet im Talentboard einen Notenrechner an. Dieser gibt Studenten die Möglichkeit anhand der präverierten Endnote genau zu wissen, in welchem Fach welche Note geschrieben werden muss, um das Endziel zu erreichen. Das Gleiche ließe sich mit einem Gehaltsrechner realisieren, der anhand des Zielgehalts notwendige Karriere Schritte anzeigt oder anhand des Bundeslands und der besuchten Universität das potenziell zu erwartende Gehalt berechnet. Bewerbern gäbe das in Gehaltsverhandlungen Sicherheit sich nicht unter Wert zu verkaufen.
Oder aber ein kostenfreies Karriere Coaching als Gegenleistung zur regelmässigen Aktualisierung der Daten. Wer hätte nicht gerne Tipps zur Gehaltsverhandlung oder Teilnahme an Schulungen die genau seinem Profil entsprechen? Wenn man dafür den Füllgrad seines Profiles hoch halten muss, wäre das für mich persönlich ein Anreiz.
Lösung 2: Family and Friends
Ein Talentpool lebt auch von den Menschen, die eigentlich gar nicht Teil des Pools sind. Das sind Familienangehörige, die gewohnheitsmässig zu allererst bei Karrierefragen konsultiert werden. Warum also sollte nicht also der Partner oder ein enger Kollege etwas in einem Talentpool für mich eintragen können? Einen ähnlichen Weg geht auch Xing sowie LinkedIn mit der Bestätigung von Attributen, welche auf den Profilinhaber zutreffen. Das Umfeld zur Abfrage von Profildaten zu nutzen, sollte heute eigentlich ein konsequenter Schritt sein.
Lösung 3: Eignungsdiagnostik
Es gibt ja viel Müll, der sich auf den Straßen der Personal- und Eignungsdiagnostik findet. Die Arbeiten von Prof. Dr. Waldemar Pelz gehören nicht dazu. Mit seinen Tests zur Umsetzungskompetenz oder auch Teamfähigkeit, kann er gute Voraussagen darüber treffen, wie Projekte umgesetzt werden. Nutzen tun diese Erkenntnisse aber nur wenige Talentpools. Es gibt sie zwar schon aber meist im universitären Umfeld. Auf Stepstone, Monster.de oder all den firmenseitigen Talentpools findet wenig dergleichen. Das ist allerdings gar nicht schlecht, denn wenn Eignungsdiagnostik eingesetzt wird, muss sie auch richtig eingesetzt werden. Ansonsten werden die Ergebnisse falsch interpretiert. Damit wäre dann keinem geholfen.
Fazit
In heutigen Talentpools feht es mir noch immer an Kreativität obwohl in einzelnen Branchen bis zu 54 Prozent der Unternehmen auf aktive Ansprache nicht mehr verzichten wollen . Es fehlt an der Bereitschaft alle Möglichkeiten zu nutzen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Sowie ggf. auch aktiv Geld in die Qualität der Profile zu investieren. Firmen Talentpools sind meist nicht durch ein aktives Talent Management unterstützt und damit einfache Blattsammlungen.
Es geht bei Aktualität und Vollständigkeit darum diese beiden Attribute an Mehrwertdienste zu koppeln, die eine Nutzung des Talentpools über den eigentlich Zweck hinaus erlauben. Das ist das ganze Geheimnis. Für diese Mehrwertdienste muss man allerdings tief in die Trick- und Hirnschmalz Kiste greifen.
Zum Wert eines aktuellen, vollständigen und aussagekräftigen Bewerberprofils in einer Datenbank gibt es relativ wenig Angaben. Schließlich hängt das auch mit der Branche zusammen. Fest steht allerdings, dass solche Profile wesentlich mehr wert sind als eben veraltete und unvollständige Profile. So wirbt das Talentboard von Staufenbiel mit einer sehr hohen Anzahl von verfügbaren Profilen. Wirklich vollständig und aktuell sind dabei allerdings nur ein kleiner Bruchteil. Bei Stepstone sieht es nicht anders aus. Hier sind es über 450.000 Lebensläufe. Dabei kommen monatlich 7.000 Bewerber hinzu. Die eigentliche Zahl, vollständiger aktueller Profile sollte aber wesentlich geringer sein. Bei einer Rate von 7.000 neue Profilen, kann man sich ausrechnen wieviele der Profile jeden Monat auch veralten oder unvollständig sind.
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