Wie erhalten Ihre Mitarbeiter das Wissen, welches sie für Ihre Arbeit benötigen? Durch Ihre Sachkenntnis als Führungskraft, über Kollegen oder durch interne/externe Schulungen von Drittanbietern? Vielleicht sogar über den Flurfunk? Der Weg der Wissensvermittlung sind vielfältig und halten oftmals Stolpersteine bereit für die, die auf ihnen wandeln. Mit dem Wissenskreis habe ich ein Modell entwickelt, mit der Teams selbstständig Themen von hoher Komplexität durchdringen können. Und das geht so…
Eine der Aufgaben einer Führungskraft ist es, die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen ihren Job bestmöglich auszuführen. Im beruflichen Alltag sind aber verfestigte Aufgabenportfolios selten zu finden. Schnell kann es deshalb passieren, dass das Team eine neue Aufgabe erhält und diese bewältigen muss. Der operative Druck ist dabei so groß, dass für mehr als eine oberflächliche Einweisung durch die Fachabteilung keine Zeit ist. Gefährliches Halbwissen trifft dann gestresste Mitarbeiter und endet oft genug im Chaos.
Zustände und Eigenschaften des Wissenstransfers
Schauen wir uns zunächst einmal die verschiedenen Wege, Zustände und Eigenschaften des Wissensaustausches in Organisationen an:
1. Das gesuchte Wissen ist im Team vorhanden
Das benötige Wissen ist im Team bereits vorrätig und muss nur von Mitarbeiter zu Mitarbeiter transferiert werden. Das geht während des operativen Tagesgeschäfts und durch die Vertrautheit untereinander ganz gut. Außerdem ist der Tagesablauf meist ähnlich zwischen den Kollegen. Die „Synchronisierung“ der Mitarbeiter erfordert wenig Absprache und Führung durch den Vorgesetzten.
2. Das gesuchte Wissen ist außerhalb des Teams
Das benötige Wissen ist zwar im Unternehmen vorhanden. Liegt aber in einem anderen Team. Dieser Fall ist auch noch vergleichsweise einfach, wobei hier bereits die ersten Stolpersteine auftauchen. Meist haben andere Teams und Abteilungen auch einen anderen Tagesablauf. Die terminlichen Absprachen für den Wissenstransfer in Form von Meetings werden also schwieriger. Abhängig von der Kultur des Unternehmens, sind außerdem Absprachen mit den Teamleitern notwendig. Sonst kann es schnell zum Vorwurf des Diebstahls von Zeit kommen.
3. Das gesuchte Wissen ist außerhalb der Organisation
Das benötigte Wissen ist nicht im Unternehmen zu finden. Womöglich handelt es sich um eine neue Technologie zu der kein Consultant „mitgeliefert“ wurde. Womöglich aber hat auch das Wissen, in Form eines Mitarbeiters, dass Unternehmen ohne Übergabe verlassen. Externe Ressourcen rücken nun in den Fokus. Dabei kann es sich um das Internet, Fachliteratur oder eben Schulungsanbieter handeln. Im letzteren Fall, geht nun das Ringen um die Freigabe von Budgets los. Außerdem stehen die Mitarbeiter während der Schulung nicht zur Verfügung.
4. Herrschaftswissen
Rund um die Wissensvermittlung kommt es natürlich auch zu sozialen Effekten als Ausdruck der gelebten Kultur. Zum Beispiel, wenn das benötige Knowhow als Herrschaftswissen in einem Silo liegt. Zugegeben, das ist extrem unpersönlich formuliert. Das bedeutet ein Mitarbeiter sieht einen signifikanten Vorteil darin Wissen für sich zu behalten. Diese Haltung resultiert aus der Gewissheit als Mensch nichts für die Organisation zu bedeuten und austauschbar zu sein. Alleine das gesicherte Wissen bestimmt den Wert des Mitarbeiters. Aus dieser Sicht verwundert es auch nicht, dass Dokumentationen beispielsweise oft unvollständig sind.
5. Rahmenbedingungen
Außerdem spielt der Transfer an sich auch eine Rolle. Womöglich stehen gar keine geeigneten Werkzeuge dafür bereit. Vielleicht gibt es keine Besprechungsräume, welche dafür ausgerüstet wären oder das betriebliche Umfeld ist durch Lautstärke nur bedingt für tiefe Konzentration geeignet.
6. Empfängerproblem
Weiterhin kann es sein, dass der Empfänger des potenziellen neuen Wissens, dieses gar nicht annehmen möchte. Schließlich ist damit vielleicht eine neue Aufgabe verbunden, welche wiederum auch zu Kritik führen kann.
7. Unabhängigkeit von Herrschaftswissen und Budgets
Zum Schluß kann ein Motiv für Wissenstransfer nicht unbedingt ein akuter Bedarf sein. So kann auch der Wunsch nach Unabhängigkeit gegenüber anderen Abteilungen und Teams sowie Budgets Vater des Gedanken sein. Dies meist dann, wenn vorherige Wissenstransfers sich als schwierig herausgestellt haben.
Der Wissenskreis
Ausgehend von dieser Betrachtung ist somit der leichteste Weg für den Transfer, Austausch von Wissen, wenn er in den eigenen Reihen stattfindet. Der Wissenskreis kommt dann ins Spiel, wenn das benötigte Wissen nicht im eigenen Team zu finden ist und nur schwer anders bezogen werden kann.
Die Methode des Wissenskreis verlangt von den Teammitgliedern eine gewisse Neugier und Lernbereitschaft. Außerdem muss der Stellenwert der Wissensaufnahme eindeutig durch die Führungskraft kommuniziert sein. Handelt es sich also um ein sehr eiliges Thema, sollte dem Team auch die Zeit zur Aufnahme des Wissens gegeben werden.
Einer der grundlegenden Gedanken des Wissenskreises ist die iterative Vorgehensweise, wie sie auch im Scrum und Kanban zu finden ist. Um Wissen aufzubauen genügt es einen Startpunkt zu haben und mit einer simplen Fragestellung zu beginnen.
„Was ist die Cloud?“ – Die Durchführung
Zunächst sollten die Rahmenbedingungen für den Wissenskreis geschaffen werden. Dazu genügt es die 7 W’s zu beantworten:
- W er ist Verantwortlich für den Aufbau des Wissens und wer ist Nutznießer? Mitarbeiter XY soll sich aktiv einarbeiten und ist primär für das fachliche Thema verantwortlich. Der Rest des Teams soll wegen möglicher Vertretungen, zumindest einige Bestandteile bereits gehört haben.
- W ann soll der Wissenstransfer betrieben werden? Die Recherche erfolgt während der Arbeitszeit. Vortrag und Fragerunde finden während des Teammeetings statt.
- W ie soll das Wissen aufgebaut werden und hat jeder die Vorgehensweise verstanden? Die Vorgehensweise wurde im letzten Teammeeting vorgestellt. Alle Verantwortlichen wurden benannt und Termine gesetzt.
- W arum muss Wissen aufgebaut werden? Das benötigt Wissen würde für einen verbesserten Ablauf im betrieblichen Alltag sorgen.
- W o soll der Wissensaufbau stattfinden? Im Büro sowie im Meetingraum.
- W ie viel Zeit darf der Prozess in Anspruch nehmen? Zu Beginn soll Recherche sowie Präsentation mit anschließender Fragerunde nicht länger als insgesamt 30-60 Minuten in Anspruch nehmen.
Der zuständige Mitarbeiter bekommt vom Teamleiter die Frage „Was ist die Cloud?“. Für das nächste Teammeeting erhält er die Aufgabe das Thema während der Arbeitszeit (maximal 30 Minuten) im Gespräch mit Kollegen oder im Internet oberflächlich (!) zu recherchieren. Beim anstehenden Teammeeting, stellt er sein Ergebnis kurz und knapp vor.
Nun ergeben sich aus dieser Schilderung neue Fragen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann auch gezielt nach Fragen gesucht werden. Diese Fragen werden vom zuständigen Mitarbeiter aufgenommen und erneut für das nächste Meeting recherchiert. So nimmt der Kreislauf der Wissensaufnahme seinen Lauf. Erneut werden die Teammitglieder ihre Fragen stellen und erneut werden diese aufgenommen und recherchiert. So stellt jedes Teammeeting eine weitere Iteration im Wissenstransfer dar und resultiert am Ende in neuen technischen Fähigkeiten.
Der Teamleiter ist der Moderator dieses Wissenstransfers und stellt sicher, dass zeitliche Budgets nicht überschritten werden und der fachliche Fokus erhalten bleibt. Außerdem achtet die Führungskraft darauf, dass Recherche und Fragestellungen sich immer abwechseln. Dieser Prozess erfordert natürlich von allen beteiligten Parteien erhöhte Achtsamkeit und Durchhaltevermögen.
Die Verantwortung für den Wissenstransfer verlagert sich von 2 Individuen in das komplette Team, weil die Qualität des Wissens auch ganz stark von den Fragen der Teammitglieder abhängig ist. Wissen und am Ende fachliche Fähigkeiten entstehen somit aus dem Nichts und werden stets mit allen Teilnehmern geteilt und vertieft. Somit ist der Wissenskreis das ideale Werkzeug um in schwierigen Arbeitsumfeldern, mit knappen Budgets dennoch überzeugend neues Wissen aufzubauen.
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