Was unterscheidet einen Unternehmer von anderen Menschen? Gibt es überhaupt einen Unterschied? Bei einer Gründung spielen eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. Kapital, Bereitschaft zum Risiko und natürlich die Geschäftsidee an sich. Ein bestimmtes Set an Fähigkeiten, welche uns bei Unternehmungen und Vorhaben zu Gute kommt, hat allerdings jeder von uns. Allein die Ausprägung gibt den Ausschlag.
Letztes Wochenende waren meine Frau und ich eingeladen, um bei den letzten Vorbereitungen einer Geschäftseröffnung zu helfen. Wir waren dort also nicht als Kunden, sondern zur Unterstützung der Gründer. Das erschloss uns eine völlig neue Perspektive. Ich begann mich zu fragen, welche Anforderungen eine Gründung an die persönlichen Fähigkeiten eines Menschen stellt. Hätten wir das gleiche leisten können oder wären wir gar viel früher gescheitert?
@Boutiquechen
– Geschäftseröffnung unserer Freunde. Es riecht nach Gründung und schicken Klamotten.
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— Stefan Müller (@kitp_de)
9. Mai 2015
Volition
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, erschien es mir am sinnvollsten, Kompetenzen zu suchen, welche eine direkte Korrelation zu wirtschaftlichem Erfolg haben und sich von bloßer Motivation abheben. Grade am Beispiel von Gründungen, bietet die Forschung von Dr. Pelz (THM/ Institut für Management-Innovation) zum Begriff der Volition (Willenskraft) einen interessanten Ansatz. Dieser Ansatz holt die Willenskraft aus der mythologischen Ecke, operationalisiert und validiert sie mit Fähigkeiten, auch Umsetzungskompetenzen genannt. Diese Fähigkeiten hat er in einer zweigeteilten Studie zunächst in Interviews mit 34 Geschäftsführern sogenannter Hidden-Champions (Weltmarktführer) ermittelt. Anschließend validierte er sie mit inzwischen 13.000 Fach-und Führungskräften. Die Studie macht klar, dass Willenskraft eindeutig mit wirtschaftlichem Erfolg einhergeht. Je ausgeprägter die folgenden Umsetzungskompetenzen also sind, desto höher ist auch der wirtschaftliche Erfolg.
1. Fokussierung und Aufmerksamkeitssteuerung
Die Gründung eines Unternehmens ist eine Art riesige, komplexe Todo-Liste. Diverse Aufgaben mit verschiedenen Prioritäten, Start- und Endpunkten, Budgets sowie Beteiligten bedürfen ständiger Kontrolle und Abstimmung. Immer den Überblick zu behalten, setzt stetige Konzentration voraus. Durch Ablenkungen könnte einem schließlich ein wichtiger Termin entgehen. Außerdem darf man sich auch nicht zu lange mit bestimmten Themen beschäftigen.
2. Stimmungs- und Emotionsmanagement
Bei einer Unternehmung sind Widerstände und Frustration vorprogrammiert. Grade am Eröffnungstag kann es noch mal hektisch werden. Bleiben Lieferungen aus, hat man es mit kaputter Ware oder verspäteten Dienstleistern zu tun, verstellen diese Dinge oft den Blick auf die bisherigen Ergebnisse und Erfolge. Nur wie kommt man aus diesem Loch voller Frustration heraus? Sich mit positiven Emotionen und Anreizen neu zu motivieren, ist eine Kunst für sich.
3. Selbstvertrauen und Durchsetzungsstärke
Bestimmte Dinge oder Wissen sind für eine Unternehmung nicht an jeder Straßenecke oder im Supermarkt zu finden. Sie erfordern Recherche und das aneigenen neuer Kenntnisse und Methoden über einen längeren Zeitraum hinweg. Das geht nur mit Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wenn ich nicht daran glaube, diesem Informationsfluss gewachsen sein, fange ich womöglich gar nicht erst an. Darüber hinaus kommt es in diesem Lernprozess unweigerlich zu Rückschlägen und Stagnation. Sich trotz Rückschlägen, Stillstand und Angst vor dem Scheitern den Weg zu bahnen, bedeutet Durchsetzungsstärke.
4. Vorausschauende Planung und Problemlösung
Gründungen sind das Paradebeispiel für vorausschauende Planungen und Problemlösungen. So erfordern die meisten doch einen detaillierten Businessplan. In diesem müssen sich die Gründer über Umsatz/Gewinn, Marketing, Lieferanten und diverse andere Dinge Gedanken machen. Das erfordert einen Blick in die Zukunft, welcher mit Marktdaten, Demographie und weiteren Statistiken unterfüttert wird. Hier sind die Informationsquellen schier endlos und müssen gefiltert werden. Jede Unsicherheit und Individualität kann schließlich den Weg in die Selbstständigkeit erschweren.
5. Zielbezogene Selbstdisziplin
Der Prozess der Gründung ist eine Ausnahmesituation, in der ein Mensch mehr leistet, als er das normalerweise würde. Das bedeutet im Umkehrschluss auch Entbehrungen und erfordert Disziplin im Umgang mit den eigenen materiellen und zeitlichen Ressourcen.
Jeder hat Willenskraft
Der geneigte Leser hat es sicher längst bemerkt. Zwar werden die vorher genannten Kompetenzen mit Fach- und Führungskräften assoziiert, doch eigentlich verfügt jeder Mensch über sie. Wir können diszipliniert sein oder unsere Stimmung beeinflussen. Nur nicht immer dann, wenn wir es auch brauchen. Auch zu Durchsetzungsstärke, Problemlösung und Selbstdisziplin sind die meisten fähig. Allerdings mal mehr, mal weniger. Die Ausprägung spielt eine maßgebliche Rolle.
Mit den Umsetzungskompetenzen ist es im Umkehrschluss nun auch möglich Volition zu trainieren. Das ist natürlich zunächst leichter gesagt als getan und erfordert ganz individuelle Strategien, um sich beispielsweise in positive Stimmung zu versetzen oder neu zu fokussieren. Sehen Sie hierzu beispielsweise meinen Beitrag zur Progressiven Muskelentspannung.
Zusammenfassung
Was unterscheidet einen Unternehmer von anderen Menschen? Ein Unternehmer unterscheidet sich im Rahmen der Ausprägung seiner Umsetzungkompetenzen von anderen Menschen, nicht allerdings bei den Kompetenzen an sich. Ein signifikanter Unterschied kommt erst durch Kapital, Erfahrung, Fachwissen und Risikobereitschaft dazu.
Ob wir das gleiche hätten leisten können, kann ich natürlich nicht beantworten. Dazu müßten die verschiedene Ausprägungen der Willenskraft einzelner Personen miteinander verglichen werden. Hier bietet die Forschung allerdings eine Möglichkeit. Auf den Seiten des Instituts für Management-Innovation findet sich ein Fragebogen, welcher die Ausprägung der eigenen Umsetzungskompetenzen beleuchtet und am Ende einen Erfolgsindex ausgibt.
Test der Umsetzungskompetenzen
Der Index beschreibt die Chance unter sozialer Akzeptanz, ohne sich selber zu schaden, Ziele in messbare Resultate umzuwandeln.
Weiter zeigt der Test Potenziale zur Verbesserung der Umsetzungskompetenzen. Ich habe ihn einfach mal gemacht. In meinem Fall sind Fokussierung und Stimmungsmanagement eher ein Thema zur Verbesserung, als die restlichen Kompetenzen.
Ob wir nun ein Unternehmen gründen oder nicht, spielt zunächst keine Rolle. Was zählt sind unsere Fähigkeiten komplexe, individuelle Ziele in messbare Resultate umzuwandeln. Das macht uns erfolgreich, auch wenn nicht unbedingt finanziell. Um diese Kompetenzen zu entwickeln, gibt es allerdings eine Eingangsqualifikation. Es handelt sich dabei um Eigenverantwortung. Erst wenn ich Verantwortung für mich selber übernehme, bin ich in der Lage meine Fähigkeiten kritisch zu hinterfragen und zu entwickeln. So unterscheiden sich verschiedenste Formen von Unternehmern womöglich doch signifikant von anderen Menschen. Indem sie sich entschlossen haben, Verantwortung für sich, ihr Leben und ihre Zukunft zu übernehmen.
In diesem Sinne wünsche ich unseren Freunden aus Düsseldorf mit dem Boutiquechen viel Umsetzungskompetenz und damit Erfolg bei den nächsten Schritten im eigenen Business.
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