Stundenlang habe ich bei Google Scholar, Amazon und Ebay gesucht. Auch in Antiquariaten, modrigen Bibliothekskellern und auf Flohmärkten wurde ich nicht fündig. Ich hatte fast schon aufgegeben, doch dann wendete sich mein Schicksal. Nach einem anonymen Tipp, wurde ich schließlich in einer verlassenen Lagerhalle in einem Aktenschrank fündig!
Die Jagd nach dem Buch der dunklen Führung
Mir war klar, dass es so etwas geben musste. Anders ist es nicht zu erklären, dass so viele Manager und Vorgesetzte es schaffen sich auf gleiche Art und Weise schädlich für ihre Organisation und das Betriebsklima zu verhalten. Deswegen aber noch längst keine Konsequenzen zu befürchten haben. Ich wußte, es konnte kein Zufall sein, dass zum Beispiel in vergnügter Runde unter Freunden von immer wieder den gleichen grauenhaften Geschichten aus den Unternehmen erzählt wird. Nein, etwas größeres muss dahinter stecken!
Nun, nach qualvollen Wochen, habe ich den Beweis vor mir liegen. Auf den vergilbten, brüchigen Seiten finden sich alle Kniffe und Winkelzüge, welche skrupellose Manager und schlechte Chefs beherrschen sollten, um es Ihren Mitarbeitern möglichst schwer zu machen. Es ist ein altes, abgegriffenes Werk und verrät, als eine Art Malen nach Zahlen für die Karriere, wie man es auf den Rücken der Mitmenschen bis ganz nach oben schafft.
Blättert man darin, wiederholen sich die folgenden sieben Regeln auf verschiedenste Art und Weise. Bei jedem Seitenwechsel, steigt einem der faulige Geruch von Geld und Status in die Nase. Indem ich nun das Tabu breche und diese Regeln der Allgemeinheit zur Verfügung stelle, möchte ich gleichzeitig einen Begriff prägen. Diese Regeln verkörpern die dunkle Führung.
Regel 1: Sachliche Argumente bringen Sie nicht weiter!
Wer hat nicht schon mal den Satz gehört: „Da kannst du sagen, was du willst, meine Meinung steht fest.“. Dieser Satz oder so ähnlich, ist ein bewährtes Totschlag-Argument und sollte von Ihnen hinreichend oft genutzt werden. Sie formieren sich damit zu einer argumentativen Wand welche auch mit den besten Argumenten, Fakten und Tatsachen nicht durchdrungen werden kann.
- Sie in jedem Fall Recht behalten!
- Niemand Sie bloßstellen kann!
- Niemand mit Ihnen diskutieren will, weil es sich immer als zwecklos erweist.
Regel 2: Nutzen Sie Ihre Phantasie und vermeiden Sie die Wahrheit!
Sie haben keine Begründung für Ihr Verhalten als Vorgesetzter oder möchten über Ihre wahren Beweggründe hinweg täuschen? Warum nutzen Sie nicht Ihre verdammte Phantasie! Schließlich hat jeder Mensch seine eigene Sicht der Dinge und Recht in seiner eigenen Welt. Zur Not denken Sie sich für Ihre Argumentation einfach die notwendigen Fakten aus. Ganz beliebt ist hier Hörensagen. Wichtig allerdings ist, damit dann auch entsprechend sicher aufzutreten. Es gibt keine Lügen, nur Sichtweisen und die Grenze zwischen Wahrheit und Fiktion ist fließend.
- Ihr Gegenüber nur schwer Argumente findet!
- Sie immer eine Antwort haben!
- Ihr Gegenüber Sie bloßstellen müßte, was Ihnen taktische Vorteile bringt!
Regel 3: Bilden Sie sich schnell eine Meinung, wie ist egal!
Bilden Sie sich eine Meinung, aber schnell! Sie brauchen dafür keine Fakten, verschiedene Meinungen, gar Perspektivwechsel oder sonstige Informationen. Schon gar nicht, wenn es um die Beurteilung Ihrer Mitarbeiter geht. Das Bilden von Meinungen ist ein kostenrelevanter Faktor. Kürzen Sie ihn ab und bleiben Sie dann dabei. Das erleichtert Ihnen Ihren Job und spart bares Geld. Regeln 1 und 2 helfen Ihnen dabei.
- Sie immer eine Meinung haben!
- Sie gegenüber Vorgesetzten stets, gerne auch ungefragt Empfehlungen abgeben können.
- Sie mehr Zeit auf das Spinnen von Netzwerken und Intrigen verwenden können.
Regel 4: Verschlossenheit und Intransparenz sind Ihre Verbündete!
Wir wissen alle, Veränderung ist die letzte Konstante der Gegenwart. Veränderung ist aber schädlich für Sie, weil sie zu Kontrollverlust führen kann. Deswegen haben Sie ein großes Interesse daran die Kontrolle aufrechtzuerhalten und somit Nährböden für Veränderung wie Offenheit und Transparenz zu unterbinden. Außerdem hebt Sie die damit bewirkte Abgrenzung zum Team in einen elitären Kreis. Dieser Kreis wiederum hilft Ihnen bei Regel 1-3 und dient als Meinungsverstärker.
- Die Mitarbeiter sich in grenzenlosen Spekulationen verlieren!
- Veränderungen schnell zum Stehen kommen!
- Sie zunehmend Silos aufbauen und über Herrschaftswissen kultivieren!
Regel 5: Profitieren Sie von den menschlichen Schwächen!
Menschen in Organisationen oder generell künstlichen Strukturen neigen zu bestimmten Verhaltensweisen. Zum Beispiel die mangelnde Fähigkeit langfristig zu denken oder Betriebsblindheit zu entwickeln. Dazu gehört auch sich in Spekulationen und Gerüchten zu verlieren und sich gerne selber über katastrophale Zustände und Arbeitsbedingungen hinweg zu täuschen.
- Sie sich nicht zu viel mit ihren Mitarbeitern austauschen müßen!
- Sich die Mitarbeiter eher mit sich selber als mit Ihnen beschäftigen!
- Es niemals langweilig wird.
Regel 6: Verstehen Sie sich als Kriegsherr
Naturgemäß, ist die Luft an der Spitze sehr dünn. Nur wenige Menschen können dort überleben. Das bedeutet für Sie, verstehen Sie Kollegen als Kontrahenten und schalten Sie sie frühzeitig aus. Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel. Nutzen Sie Polemik, Manipulation und Sabotage, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Zudem, die Ziele der Organisation spielen nur eine Rolle, wenn Sie Ihnen zuträglich sind. Führen Sie Ihre Mitarbeiter strategisch und bilden Sie Allianzen. Damit sichern Sie sich einen der begehrten Plätze. Das geht als potenzieller Nachfolger natürlich besonders gut. Regel 1-5 helfen Ihnen dabei sich flexibel an die Meinung Ihres somit potenziellen Vorgängers anzupassen.
- Sie frühzeitig einen Platz in der Ehrenloge ergattern!
- Sie sich eine Perspektive schaffen für die nächsten Jahre!
- Nicht in die Verlegenheit kommen, sich eine eigene fundierte Meinung bilden zu müßen!
Die goldene Regel 7: Nutzen Sie kontinuierliches Selbstmarketing
Auch wenn Sie bisher nichts aus diesem Buch mitgenommen haben, sollten Sie diese Regel im Kopf behalten. Kontinuierliches Selbstmarketing ist wichtig für Ihren Erfolg! Verkaufen Sie Misserfolge als Erfolg, sagen Sie Dinge wie „Du hast mich heute wirklich enttäuscht.“, um sich von normalen Mitarbeitern abzuheben. Zur Not nutzen Sie auch gerne Zitate von berühmten Menschen, um Ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen. Damit Ihnen das leichter fällt, schalten Sie jede Selbstreflexion aus.
- Sie wesentlich einfacher auch durch das restliche Leben kommen!
- Sie operatives Ergebnis und Ihren Wert als Führungskraft streng trennen!
- Kurzfristig bis mittelfristig, Menschen sich von Ihnen blenden lassen!
Sie kennen nun das Geheimnis und den Grund, warum sich so viele Vorgesetzte in gleicher Art und Weise verhalten. Eigentlich wollte ich das Buch für weitere Untersuchungen behalten, doch fühlten sich die anderen Bücher in meinem Schrank sichtlich unwohl in seiner Gegenwart.
Natürlich wissen Sie und ich, dass es ein solches Buch eigentlich gar nicht existiert. Aber ich finde den Gedanken tröstlich, dass Missmanagement in deutschen Unternehmen durch die Beseitigung einer einzigen Lektüre einfach beenden zu können. Denn die Wahrheit ist viel schrecklicher. Menschen mit falschen Mindsets, Motiven und mangelnden sozialen Kompetenzen sind die Entscheidungsträger dieses Landes und sie setzen alles daran es auch zu bleiben.
Lieber Stefan, der Blog zu den Regeln der dunklen Führung ist gut geschrieben und hat Spaß gemacht. Fügst Du noch das fehlende „, dass“ im schwarzen Kasten bei Regel 1 ein?
Viele Grüße,
Esmé
Hallo Esmé,
vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir der Beitrag gefallen hat. Danke für die Korrektur, welche ich soeben nachgepflegt habe.
Viele Grüße
Stefan Müller