In diesem Blog ist die transformationale Führung eines der Kernthemen. Dementsprechend befasse ich mich sehr viel mit dieser Art des Führungstils. Für mich ist die transformationale Führung der Königsweg der Führungsmodelle und sozusagen mein Ziel, wenn ich mal groß bin.
Transformationale Führung transformiert das Verhalten der Mitarbeiter (und nach meinem Verständnis auch das der Führungskraft) auf eine höhere Stufe. Sie geht über die normale transaktionale Beziehung hinaus, welche nur den Austausch von Leistung berücksichtigt.
Ich begann mich zu fragen…
- Können Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung auch „transformational“ sein?
- Ist es möglich ohne Fach- oder Personalverantwortung transformationale Beziehungen zu seinen Stakeholdern aufzubauen?
-
Wird das Verhalten der Mitarbeiter wohlmöglich transformational, sobald sie auch so geführt werden? Wenn ja, bleibt es dann so?
Auf diese Fragen habe ich im folgenden Artikel eine Antwort versucht zu finden. Immerhin gibt es den Suchbegriff „Transformationaler Mitarbeiter“ so gut wie nicht in Google. Es könnte sich also lohnen einen Blick darauf zu werfen.
Zunächst, schauen wir uns die sieben Kompetenzen einer transformationalen Führungskraft an und versuchen diese auf einen Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung zu übertragen.
7 Kompetenzen der transformationalen Führung/Mitarbeiter
Hier zunächst die sieben Kompetenzen in aller Kürze nach Dr. Waldemar Pelz:
- Transformationale Führungskräfte sind Vorbild und schaffen Vertrauen (Identification)
- Transformationale Führungskräfte motivieren durch Herausforderungen, die auf Werten basieren (Inspiration)
- Sie regen zur selbstständigen, kreativen Problemlösung an (Stimulation)
- Individuelle Förderung und Coaching (Consideration)
- Effektive Kommunikation (Fairness)
- Unternehmerische Haltung (Innovation)
- Umsetzungsstärke (Ergebnisorientierung)
Im Detail können die Kompetenzen hier oder auf den Seiten der THM nachgelesen werden. Nun versuchen wir mal diese Kompetenzen und deren Definition, zunächst ohne Wertung auf einen Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung umzulegen:
1. Transformationale Mitarbeiter sind Vorbild und schaffen Vertrauen (Identification)
Sie verhalten sich in einer Weise, die Respekt, Bewunderung und Vertrauen bei ihren Kollegen bewirkt; sie sind verlässlich in ihren Worten und Taten und erfüllen hohe ethische und moralische Standards; außerdem stellen sie das Gesamtinteresse (ihrer Organisation) über ihre persönlichen, selbst bezogenen Ziele und Vorteile.
2. Transformationale Mitarbeiter motivieren sich durch Herausforderungen, die auf Werten basieren (Inspiration)
Durch sein transformationales Verhalten ist der Mitarbeiter stets inspiriert. Er sucht sich selbständig anspruchsvolle, attraktive Ziele welche für ihn den Sinn seiner Mitarbeit unterstützen. Durch sein Verhalten fördert er Teamgeist, Optimismus und das Engagement bei der Arbeit an der gemeinsamen Aufgabe.
3. Transformationale Mitarbeiter regen zur selbstständigen, kreativen Problemlösung an (Stimulation)
Der transformationale Mitarbeiter ist kreativ und sucht eigenständig nach Problemlösungen. Er ist bereit, überholte Annahmen, Routinen und Gewohnheiten kritisch zu hinterfragen und völlig neue Lösungen zu finden.
4. Individuelle Förderung und Coaching
Transformationale Mitarbeiter kennen ihre persönlichen Stärken, Schwächen und Talente. Sie agieren als ihr eigener persönlicher Coach und entwickeln dadurch für sich neue berufliche Perspektiven und versuchen ihr Potenzial auf ein höheres Niveau zu heben.
5. Effektive Kommunikation (Fairness)
Für seine Arbeit benötigt der transformationale Mitarbeiter faire Spielregeln und Grundsätze. Werte wie Offenheit, Aufrichtigkeit, Transparenz und gegenseitiger Respekt werden nicht nur gefordert, sondern in der alltäglichen Kommunikation tatsächlich praktiziert. Dazu gehört auch eine effektive, überzeugende Kommunikation, welche der Mitarbeiter auch in Besprechungen zeigt.
6. Unternehmerische Haltung (Innovation)
Der transformationale Mitarbeiter hat eine inhärente unternehmerische Einstellung. Zum unternehmerischen Verhalten gehört die stetige Selbstreflexion des eigenen Schaffens. Der transformationale Mitarbeiter sieht Bedarf an einer kontinuierlichen Veränderungs- und Verbesserungsinitiative seiner Arbeit. Darüber hinaus wägt er Risiko und die Verwendung von Ressourcen sorgsam ab.
7. Umsetzungsstärke (Ergebnisorientierung)
Die Kernkompetenz eines transformationalen Mitarbeiter ist die Fokussierung aller seiner Ressourcen auf das, worauf es wirklich ankommt. Fähigkeit, Chancen, Möglichkeiten und Ziele versteht der Mitarbeiter als messbare, umsetzbare Ergebnisse an denen er sich messen lassen kann. Als Energiequelle nutzen ihm seine Persönlichkeitsmerkmale wie Optimismus, Neugier, Beharrlichkeit und Integrität.
Transformationale Mitarbeit ohne Führung
Die Kompetenzen zeigen hier schon, dass ein transformationaler Mitarbeiter ein Musterschüler im betrieblichen Alltag ist. Mit dieser Definition kann ich nun versuchen die Fragen zu beantworten:
1. Können Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung transformationale Eigenschaften haben?
Ja, können Sie. Allerdings sind es nur die wenigsten Mitarbeiter. Glaubt man den Gallup-Studien in denen mehr als 15% der Mitarbeiter in Unternehmen bereits die innere Kündigung ausgesprochen haben und über 70% nur das Nötigste tun, liegt der Schluss nahe, dass transformationale Kompetenzen bei den Mitarbeitern rar gesäht sind. Bei all den Fallstricken und -türen welche die Arbeitswelt für einen Mitarbeiter bereit hält, werden solche Idealisten wahrscheinlich nur selten angetroffen.
Um das transformationae Verhalten aufrecht zu halten sind Persönlichkeitsmerkmale wie Optimismus, Neugier, Beharrlichkeit, Integrität sowie solide ethische und moralische Vorstellungen notwendig.
Vor allem ist in dieser Betrachtung wichtig, das der Mitarbeiter transformationales Verhalten an den Tag legt, ohne von außen durch eine transformationale Führungskraft positiv beeinflusst worden zu sein. Transformationales Verhalten bedarf allerdings eines großen Energieaufwandes. Diese Energie muss der Mitarbeiter ohne äußeren Einfluss immer neu produzieren um sein Verhalten beizubehalten. Die Arbeit als Austauch von Energien zu sehen, zeigt, dass das transformationales Verhalten nicht von alleine durchgehalten werden kann.
2. Ist es möglich ohne Fach- oder Personalverantwortung transformationale Beziehungen zu seinen Stakeholdern aufzubauen?
Stakeholder eines Mitarbeiters sind beispielsweise die indirekten/direkten Kollegen, Kunden, Vorgesetzte und dessen Vorgesetzte sowie wohlmöglich noch Mitarbeiter in Projekten.
Eine transformationale Beziehung funktioniert in zwei Richtungen. Das Verhalten der an dieser Beziehung teilnehmenden Personen, generiert auf beiden Seiten Einsichten und Verhaltensfortschritte. Beide Teilnehmer transformieren Ihr Verhalten selbstständig auf ein höheres Niveau.
Grade hier wird es allerdings schwierig durch verschiedenste soziale Aspekte. So fühlen sich direkte oder indirekte Kollegen wohlmöglich eingeschüchtert und reagieren mit Ausgrenzung. Vorgesetzte oder deren Vorgesetzte empfinden den Mitarbeiter als Konkurrenz und reagieren ebenfalls mit Ausgrenzung. Es kommt auf die Verbreitung transformationaler Eigenschaften unter diesen Menschen an, ob das Verhalten des Mitarbeiters als positiv oder eher negativ aufgefasst wird. Entscheident ist somit die gelebte Arbeitskultur ob transformationale Beziehungen zu den Stakeholder überhaupt entstehen können.
Als One-in-a-Million Mitarbeiter, wird es dem Angestellten trotz Wertschätzung kaum möglich sein, ähnliche Beziehungen aufzubauen, weil diese auch bei seinen Kollegen ein ähnliches Mindset sowie gesteigerte Selbstreflexion benötigen. Ohne dieses Mindset und die Selbstreflexion fühlt sich der Mitarbeiter schnell wie auf einer einsamen Insel. Der Energieaufwand wird zu einseitig ohne das er Energie von den Stakeholdern zurückerhält.
3. Wird das Verhalten der Mitarbeiter wohlmöglich transformational, sobald sie auch so geführt werden?
Eine der Kernkompetenzen der transformationalen Führung ist die Schaffung von Vertrauen und der Vorbild-Charakter. Da wäre es sicher nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, wenn Mitarbeiter das Vertrauen nutzen und dem Vorbild nacheifern. Außerdem ist es ja eben das erklärte Ziel der transformationalen Führung das Verhalten des Mitarbeiters auf ein höheres Niveau zu bringen.
Interessant wäre jedoch ob das Verhalten stabil bleibt, wenn die Führungsverantwortung wechselt und die Mitarbeiter nicht mehr transformational geführt werden. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, ist das meist leider nicht der Fall. Ohne die genannten Kompetenzen ist es den meisten Mitarbeitern nicht möglich ihr transformiertes Verhalten aufrecht zu erhalten. Sie fallen in alte Gewohnheiten zurück. Ein Beleg dafür findet sich auch in der neuroligischen Führung oder auch NLP.
Veränderungsprozesse oder auch Transformierung erfordern viel Kraft und sind mittel- bis langfristig ausgelegt. Wird der Veränderungsprozess abgebrochen, investiert das Gehirn keine weitere Energie in die Bildung neuer Strukturen und passt sich den neuen Gegebenheiten wieder an.
Transformationale Mitarbeiter, dass hat die vorherige Betrachtung gezeigt, können existieren, sofern sie über die notwendigen Persönlichkeitsmerkmale, ethischen und moralischen Grundsätze sowie Umsetzungskompetenzen verfügen. Allerdings benötigen sie ein Umfeld in dem sie nicht alleine sind. Ohne eine ebenso transformationale Führungskraft, sind die Widerstände in klassischen Unternehmen zu groß und es wird ihnen nur schwer möglich sein Beziehungen aufzubauen. Der transformationale Mitarbeiter wird zum Außenseiter, kapselt sich ab. Wohlmöglich gerät er sogar in Selbstzweifel weil seine Umwelt ihm vorgaukelt, nicht „normal“ zu sein.
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