Warum ufern in Deutschland so viele große Bauprojekte aus? Den Verantwortlichen fehlt es oftmals an Umsetzungkompetenz. Umsetzungskompetenz lässt uns ein Ziel verfolgen, egal wie aussichtslos uns das Unterfangen auch vorkommen mag.
Prof. Dr. Waldemar Pelz von der Technischen Hochschule Mittelhessen hat hierzu fünf Teilkompetenzen der Umsetzungskompetenz in einer Studie validiert und holt den Begriff der Willenskraft somit aus seiner theoretischen Ecke. Die Kernaussage ist, ausgeprägte Umsetzungskompetenz bzw. Volition macht Führungskräfte erfolgreicher in der Umsetzung von Projekten. Hier finden Sie die Ergebnisse der Studie!
Schauen wir uns aber zunächst die fünf größten Städte Deutschlands und ihre Projekte an. Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main beheimaten jeweils ausufernde Bauprojekte.
Der Spatenstich für das Flughafen Projekt BER in Berlin erfolgte 2006 und sollte in Folge 1,7 Mrd. EUR kosten. Heute, 2015 ist der Flughafen mit 4,1 Mrd. nicht nur bedeutend teurer, sondern auch noch immer nicht nutzbar.
Der Spatenstich für die Elbphilharmonie in Hamburg erfolgte 2007 und war mit 114 Mio. EUR veranschlagt. Mittlerweile sind die Kosten auf 860 Mio. EUR angestiegen. Die Fertigstellung wird für 2017 erwartet.
Eine zweite S-Bahn Stammstrecke in München soll ab 2015 mit ursprünglichen Kosten von 2,05 Mrd. EUR gebaut werden. Bereits im Vorfeld wurde diese Abschätzung auf 2,57 Mrd. EUR korrigiert.
Köln startete 2004 den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn. Die Kosten dieses Projektes sollten ursprünglich 550 Mio. EUR betragen. Nach diversen Zwischenfällen werden die Kosten auf 1,1 Mrd. EUR geschätzt. Eine Inbetriebnahme der Strecke wird erst 2019 bzw. 2022 erwartet.
Der Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main war ursprünglich auf 500 Mio. EUR bemessen und kostete am Ende 1,3 Mrd. EUR.
All diese Projekte haben verschwiegende oder unterschätzte Kosten, verspätete oder fehlende Planungen sowie massive Änderungswünsche gemeimsam. Daraus entstanden mehr als 5 Mrd. Euro an Mehrkosten. Jeden Tag scheitern in Deutschland kleine und große Projekte. Umsetzungskompetenz wird damit zu einem enormen Wirtschaftsfaktor.
Aber werfen wir einen genauen Blick auf die Teilkompetenzen von Willenskraft bzw. Umsetzungskompetenz wie sie die THM definiert.
1. Aufmerksamkeitssteuerung und Fokussierung
Das bedeutet, sobald Ziele nicht mehr klar sind, gilt es die Notbremse zu ziehen. Ziele verschwimmen unweigerlich bei der Äußerung von Änderungswünschen. Außerdem hätten authentische Wertvorstellungen eine Äußerung von falschen Zahlen von vornherein verhindert. Darüber hinaus wäre allgemein anerkannt, das Änderungswünsche nach Baubeginn zu Verzögerngen führen.
2. Emotions- und Stimmungsmanagement
Damit wäre es den Verantwortlichen gelungen die schlechte Stimmung an der Basis aufzufangen und entsprechend in Ihre Entscheidungen einfließen zu lassen. Es wäre nicht möglich gewesen über beispielsweise mangelnden Baufortschritt hinweg getäuscht zu werden. Auch das Management der eigenen Stimmung führt zu einem rationaleren Umgang mit Ressourcen.
3. Selbstvertrauen und Durchsetzungsstärke
Schwierigkeiten, Widerstände und Probleme sollten durchsetzungsstark als Herausforderung begriffen werden. Stattdessen führten sie zu Aufschub und Täuschung.
4. Vorausschauende Planung und Problemlösung
Führungskräfte mit Umsetzungskompetenz begreifen vorausschauende Planung nicht als Blick in die Kristallkugel, sondern als Blick auf die Probleme von Morgen. Grade bei riesigen Bauprojekten sind die Variablen in der Zukunft kaum abzuschätzen. Daher ist die Verwendung von entsprechenden Methoden wie Risikomanagement unabdingbar.
5. Zielbezogene Selbstdisziplin
Manager mit Umsetzungskompetenz können kurzfristigen Verlockungen, Ablenkungen und Änderungswünschen der Auftraggeber besser widerstehen und diese kontrollieren. Diese Kontrolle entsteht nicht durch einen inneren Zwang, sondern durch den tieferen Sinn ihrer Arbeit. Schließlich wird ein Projekt durchgeführt um ein bestimmtes Ziel so effektiv und effizient wie möglich zu erreichen.
Natürlich gibt es im Projektmanagement und damit verbundenem Risikomangement eine Vielzahl von Methoden mit denen solche Fehlschläge vermieden werden können. Diese auch anzuwenden obliegt jeder Führungskraft selber. Hier genau liegt der Knackpunkt. Wenn alle Parteien nur schwach ausgeprägte Umsetzungskompetenzen haben, stehen für sie solche Werkzeuge wohlmöglich gar nicht zur Diskussion. Die Umsetzungskompetenz fehlt, um das Projekt im vereinbarten Rahmen unabhängig von Problemen zum Erfolg zu führen. Außerdem muss es notfalls möglich sein die Katastrophe durch die Rückkehr ans Reißbrett abzuwenden.
Das ist der Grund warum grade in der Ausbildung von Führungskräften die Umsetzungskompetenz eine wichtige Rolle spielen sollte. Es bleibt abzuwarten, ob die Milliarden mit denen wohlmöglich diese Erkenntnis erkauft wurde, für kommende Generationen doch noch sinnvoll investiert ist.
Wie sieht es mit Ihrer Umsetzungskompetenz aus? Hätten Sie in Berlin, Hamburg, München anders gehandelt? Die THM hat hierzu einen Willenstest entwickelt mit dem Sie Ihre Umsetzungskompetenz testen können! Hier kommen Sie zum Test!