Wenn mein Postbote die New Work Bewegung kennen würde, wäre er sicher sehr enttäuscht.
Mit diesem Blog versuche ich ganz tief in die Themen von Führung, Motivation und New Work einzusteigen. Dabei lese ich Blogs, diverse Artikel über Twitter und Facebook Beiträge. Es gibt Wettbewerbe, Seminare, Videostreams und Treffen für Gleichgesinnte. Doch schaue ich mir den beteiligten Personenkreis genauer an, ist dieser relativ konstant.
Wer profitiert von der New Work Bewegung und der Veränderung von Arbeitskulturen? Gemessen an Twitter, Facebook und Unternehmen welche beispielsweise beim New Work Award teilnehmen, sind es meist Führungskräfte, Akademiker und Arbeitnehmer in MINT-Berufen. MINT das steht für Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Technik. Gemeint sind hier Java-Programmierer, Maschinenbauer, Ingenieure, Industriedesigner und viele mehr. Die MINT-Berufe sind und waren schon immer gefragt. Vor allem, wenn es um hochqualifizierte und spezialisierte Fachkräfte geht, wird sehr schnell vom Fachkräftemangel gesprochen. Das Für und Wider des vermeintlichen Fachkräftemangels möchte ich allerdings hier nicht aufgreifen.
Ich nehme also zunächst an, das von diesen hochqualifizierten, hochspezialisierten Fachkräften es nicht viele gibt. Dadurch fällt es ihnen leichter Vakanzen zu finden, wenn sie durch die Arbeitgeber gefragt sind. Nicht also der Arbeitnehmer muss erfinderisch sein um eine Anstellung zu finden. Diesmal ist es der Arbeitgeber welcher konkret etwas anbieten muss. Damit wird das Machtverhältnis für diese Berufe im Arbeitsmarkt umgekehrt.
Alle Menschen, das ist die Crux, welche nicht diesen Berufen angehören, sehen sich dem alten Machtverhältnis gegenüberstehend. Doch wer wäre das? Das wären beispielsweise Mitarbeiter am Flughafen, Postboten, Friseure, Gärtner, Sachbearbeiter von Versicherungen, Lieferdienste, KFZ-Mechaniker und diverse andere. Diese Menschen erleben in ihren Berufen ebenfalls Ungerechtigkeit, werden nicht richtig gefördert und sind der Wilkür der Vorgesetzten ausgesetzt. Von ihnen gibt es aber genügend Mitbewerber welche ohne weiteres an ihre Stelle treten würden. Es entsteht seitens des Arbeitgebers also kein Druck etwas zu ändern und dementsprechend hat der Arbeitnehmer kein Mittel auf die Entwicklung seiner Arbeit Einfluss zu nehmen. Dabei ist für mich allerdings unstrittig, das die Unternehmen in der Verantwortung stehen und sogar ökonomisch davon profitieren würden.
Die Unfairness entsteht also, wenn eine vergleichsweise kleine Gruppe der Generation Y einen Wandel für sich in Anspruch nimmt und der viel größeren Gruppe der Arbeitnehmer vorenthalten bleibt. Wie können wir mit New Work also wirklich alle Arbeitnehmer erreichen? Wie verschaffen wir einem LKW Fahrer mehr Mitspracherecht bei der Schichteinteilung. Wie verhindern wir, das Postboten von Zeitvertrag zu Zeitvertrag vertröstet werden? Wie helfen wir Verkaufspersonal gegen Überwachung am Arbeitsplatz?
Der Schlüssel zu mehr Fairness liegt für mich im Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit betrifft jeden Menschen egal ob im Beruf oder im Privatleben. Nachhaltigkeit und die New Work Bewegung haben viele Schnittmengen und sind doch sehr verschieden. Es geht nicht um das ICH, sondern um das WIR. Es geht darum Ressourcen zu erhalten, das können Rohstoffe aber auch unsere eigene Arbeitskraft, Motivation oder Leidenschaft sein. Zugegeben, das ist sehr abstrakt und einige Aspekte sind natürlich nicht schwarz oder weiß. Doch ist diese Denkweise vielleicht ein Weg um alle Menschen vom Wandel profitieren zu lassen.
Zusammenfassung
Warum ist New Work also unfair? New Work ist unfair weil es viele vom Wandel ausschließt die nicht in so einer guten Verhandlungsposition sind. Wie können wir die Fairness wiederherstellen? Indem wir nachhaltiger agieren und den Wandel der Arbeitskultur ganzheitlicher betrachten. Natürlich ändert Nachhaltigkeit zunächst nichts an den Zeitverträgen eines Postboten. Die Veränderung des Fokus auf das WIR lässt diese Themen aber viel stärker in den medialen Fokus rücken und führt ggf. zu einem Umdenken auch in anderen Branchen und Berufen.
Dies ist ein sehr kontroverses Thema deswegen würde ich mich über Kommentare, Anregungen und andere Sichtweisen sehr freuen!