Die Frankfurter Rundschau berichtet über Liquid Feedback bzw. Liquid Democracy welches die Entscheidungsprozesse in Unternehmen auf den Kopf stellen könnte oder auch warum vielleicht bald die Mitarbeiter das Sagen haben. Speziell wird hier vom Beispiel der Synaxon GmbH berichtet, welche bisher das einzige Unternehmen mit Liquid Feedback sei.
Doch der Reihe nach. Was ist überhaupt Liquid Feedback? Es handelt sich dabei um eine Software, die zu politischen Meinungs- und Entscheidungsbildung beitragen soll. In den Medien erhielt die Software Aufmerksamkeit durch den Einsatz innerhalb der Piraten Partei. Es geht dabei um die Überwindung von Hierarchien, Unterschieden im Wissen und sonstigen verzerrenden Einflüssen. Ferner wird das Internet zur Meinungsbildung aktiv genutzt.
Jedes Mitglied, klar namentlich bekannt, kann über einen Textentwurf eine eigene Initiative vorantreiben bzw. einen Gegenvorschlag zu einer bereits bestehenden Initiative machen. Regeln und Hürden für diese Initiativen können ebenfalls bestimmt werden. Desweiteren haben, am Beispiel der Synaxon GmbH, Mitarbeiter im Bereich des Vorstandes ein besonderes Veto-Recht. Darüber hinaus können Mitglieder, und hier wird es spannend, andere Mitglieder als Delegierte einsetzen sowie diesen ihre eigene Stimme zur Verfügung stellen.
Wir dehnen den Ausflug in die politische Bildung noch etwas aus. Liquid Feedback basiert auf dem Ansatz der Liquid Democracy welche eine Mischform zwischen repräsentativer und direkter Demokratie bildet. In der repräsentativen Demokratie werden Sachentscheidungen nicht direkt durch das Volk, sondern durch Abgeordnete entschieden. In der direkten Demokratie entscheidet dementsprechend direkt das Volk über eine Sachentscheidung. Eine Sachentscheidung wird getroffen, wenn ein Begehren als begründet angesehen wird. Puh!
Zu Kritik hat Liquid Feedback innerhalb der Piraten Partei geführt weil die Mitglieder mit ihren Initiativen und Abstimmungen klar namentlich ersichtlich sind. Das lässt Rückschlüsse auf deren politische Gesinnung zu. Die Entwickler von Liquid Feedback distanzierten sich darauf hin sogar vom Einsatz innerhalb der Piraten Partei. Eines der Prinzipien ist es innerhalb der Software Störern (Trolle) möglich wenig Raum zu geben. Im Artikel der Frankfurter Rundschau liest man allerdings von anonymen Mitgliedern bei der Synaxon GmbH. Also scheint es sich um eine spezielle Version zu handeln.
Doch worauf möchte ich nun eigentlich hinaus? In jeder Firma werden Initiativen und Entscheidungen hervorgebracht. Diese Entscheidungen werden aber nur selten auf Basis aller zur Verfügung stehenden Fakten getroffen und haben auch etwas mit Hierachie und politischen Verhalten zu tun. Oftmals sind die Mitarbeiter mit dem größten Erfahrungsschatz gar nicht Teil einer Entscheidung. Das wirkt sich natürlich auf die Motivation und das Arbeitsklima aus. Aus dieser Perspektive finde ich den Einsatz von Liquid Feedback gut. Es vermittelt den Mitarbeitern das Gefühl ein wertvoller Bestandteil des Unternehmens zu sein und ein tatsächliches Mitspracherecht zu haben. Allerdings sind Unternehmen nicht demokratisch aufgestellt weil wiederum nicht alle Mitarbeiter für den Kenntnisstand des Boards verfügen und letztendlich der CEO die Verantwortung trägt. Auch die Software zu anonymisieren, ist zwar sicherlich notwendig, entspricht aber dann nicht mehr dem basisdemokratischen Ansatz.
Somit verkommt Liquid Feedback im Unternehmen und ist für mich kein Trend der sich nachhaltig durchsetzen wird. Einbindung der Mitarbeiter ja, basisdemokratische Prinzipien auf Unternehmen anwenden, nein. Mich würden Ihre Meinungen dazu interessieren.
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